A PROPOS - ATHEISMUS Überlegungen zur Erweiterung von Denkvorgängen in Wissenschaft und Geschichte von Emmo Diem Bene docet, qui bene distinguit. Gut lehrt, der gut unterscheidet. Dieser alte lateinische Lehrsatz muss jedem Forscher in dem Augenblick zur Tugend werden, wo er bemüht ist in die Irrungen und Wirrungen von Denkvorgängen einzudringen. Wissenschafter unterscheiden deshalb zwischen - dem negativen Atheismus (Agnostizismus, mit dem nicht erkennbaren Gottesbegriff) und - dem positiven oder harten Atheismus, der grundsätzlich jedwede Existenz von transzendenten Wesen ablehnt. Der Agnostiker sagt: Es gibt keinen Grund an die Existenz irgendwelcher Gottheiten zu glauben. Aber er verneint deshalb nicht höhere Wesen. Als typischer Präzedenzfall der Geschichte gilt hier Sokrates (+ 399 v.d.Z.). Der soll die Jugend verführt und vom wahren Gottglauben abgefallen sein. Deshalb wurde er zum Trinken des Schierlingsbechers verurteilt. Trotzdem fand es dieser Philosoph richtig vor seiner "Wanderung" noch zu den Stadtgöttern zu beten, um glücklich ins Jenseits zu gelangen (vergleiche dazu Platos Dialoge im Phaidon). Der positive Atheist geht konsequenter Weise einen Schritt weiter und leugnet die Realität eines höheren geistigen Seins. Das kann agressiv erfolgen, wie das Friedrich Nietzsche (1844-1900) tat, wenn er sagt: "Wir haben Gott getötet". Natürlich gibt es auch eine Reihe von Varianten z.B. den Polytheismus (Vielgötter- glauben), den Henotheismus in Form eines einzig verehrten Hochgottes und den Naturalismus. Hier werden Kräfte der Natur wie Feuer, Donner und Regen aktiviert. Man findet auch Idole (von Menschen gefertigte Götterbilder) aus Holz, Stein, Horn, Knochen u.ä. Eine Rolle spielt zusätzlich der Glaube an Geister, die beseelt sind (Animismus). Die haben auf das Leben der Menschen Einfluss. Im 19. Jahrhundert meinte Edward Tylor (1832-1917), dass sich Religionen aus dem Glauben an Geister entwickelt hätten. In diese Kategorie fallen teilweise neureligiöse Bewegungen, der Spiritismus und die Materialisation, die Gebilde von materieähnlicher Beschaffenheit entwickeln kann. Dieses Feld kann durch Einzel- und Sonderformen beliebig erweitert werden. Interessant ist, dass zur Zeit des Hellenismus (ab dem 3. Jahrhundert v.d.Z.) jeder als Atheist bezeichnet wurde, der den Staatskult negiert hat. Damit aber möchte ich zur Geschichte alter Hochkulturen übergehen und zwar - A) zum OSTEN Im altindischen Jainismus finden sich erste Formen atheistischen Denkens. Diese Ansicht hat nie die Grenzen des Landes übersprungen. Anders war es beim Buddhismus, der die Gedanken der Seelenwanderung von dem wesentlich strenger orientierten Mahavira (dem großen Sieger +477 v.d.Z.) übernommen hat. Hans Waldenfels betont im Rahmen der Gemeinsamkeiten der Hinduphilosophie die ständig gegenseitige Beeinflussung der Ideen im Sinne der Lehre vom zyklischen Entstehen und Vergehen der Welt. Das alles war auch schon viele Jahre vor den naturphilosophischen Texten der Veda und der Upanischaden wirksam, wo man nach der magischen Wahrheit gesucht hat. Später spielte auch der Taoismus herein, der im 4 Jhdt. v.d.Z. wohl in China Bedeutung erlangt hatte, sich aber letztlich gedankliche Schlupflöcher gelassen hat, indem er die Existenz einer Gottheit nicht prinzipiell negierte. Persönlich kann ich mich mit dem ursprünglich den Hebräern zugedachten Monotheismus (Eingottglauben) nur wenig anfreunden. Hier spielen alte Mythen eine Rolle. Weiter >>> |