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Miscellanea


Miscellanea - Alfred Kubin, der Magier von Zwickledt /2

Versuch dem Leben und Schaffen eines Kunstbefliessenen gerecht zu werden.
von Emmo Diem
 
Schopenhauer spricht in diesem Zusammenhang in „Die Welt als Wille und Vorstellung“ von der
Tatsache der unmittelbaren Berührung zwischen Genialität und Wahnsinn, und Andreas Geyer
berichtet über das „Einige Worte-Fragment“, dass hier alles formal und inhaltlich thematisiert wird.
Die Konzeption des zwischen Genie und Wahnsinn schwankenden Menschen wird hier literarisch-
therapeutisch vorgeführt und verweist auf eine frappierende Ähnlichkeit mit Otto Weiniger, der sich
in dem Buch „Geschlecht und Charakter“ 1903, auf wissenschaftliche Weise mit dem Problem der
Genialität auseinandersetzt. Im „Einige Worte-Fragment“ schreibt Kubin in Bezug auf die Gesichts-
züge seines fiktiven Ichs (lat. = erdachtes Ich), dass dieses unzähligen Varianten im Ablauf der
Zeit unterworfen sei.

 Arthur Schopenhauer 1788 - 1860
Anknüpfend an Schopenhauer vertritt Weininger die Ansicht, dass sich der Grad der Genialität
schon an den Gesichtszügen erkennen lasse. Auch treffen sich nach Geyer die Erkenntnisse von
Kubin und Otto Weininger, dass bei begabten Menschen der Ausdruck des Gesichtes viel öfter
wechsle als bei unbegabten. Man vergleiche dazu Bilder von Goethe, Beethoven und Kant, die zu
verschiedenen Zeiten aufgenommen wurden.Zusätzlich ist das zu Schau getragene Antlitz eine
Bürde und deshalb auch belastend. Diese Vorstellung findet sich nicht nur in Schriften Nietzsches
sondern ist auch ein Fatum (lat. = verhängtes Schicksal), welches ein Streben nach Glück kaum
zulässt.- Das alles wird in der Kunst mit Linien ausgedrückt, sowie mit Hilfe von Schraffuren
(ital. = Gliederungsteilen), welche die Aufgabe haben, Raum und Zeit festzuhalten. Ab dem 15. Jhdt.
gewinnt die Zeichnung an Eigenständigkeit. Seit dem 19. Jhdt. wird diese Kunstausübung, vor allem
im ostasiatischen Raum, zu einer Art von Meditationsübung. Tuschzeichnungen haben später eine
besondere Stilrichtung geschaffen. -Im Streit zwischen dem Primat der Zeichnung und der Malerei
gibt G.W.F. Hegel der Linie den Ölzweig, wobei Schraffuren Gedanken vom Raum fortsetzen.

Kubin liegt mit einer sarkastischen Demaskierung (wie das K.A. Schröder ausdrückt) voll in der
Zeit, nach dem Motto: „Sieh dich an, du Bestie und achte auf die Gefahr“, damit du nicht untergehst.
Unterdessen sind wir zu Eduard von Hartmann vorgestoßen und mitten in der „Philosophie des
Unbewussten“ gelandet, an der auch Kubin Anteil hatte. In diesem Sinne ist u.a. die Tatsache
interessant, dass die Psychoanalyse schon bei Hartmann vorgezeichnet ist und deshalb gerechter-
weise kaum S. Freud allein zugeordnet werden kann. Sigmund Freud musste dieses System der
Seelenzerstückelung nur mehr ausweiten und erkennen, dass Triebe zur Zeit der Kindheit bereits
eine Dynamik in Gang setzen, die für das spätere Leben von Bedeutung sein können.

Wurde z.B. bei Kafka der tyrannische Vater zum auslösenden Faktor für die literarischen Arbeiten
des Sohnes (siehe: „Der Prozess, Das Schloss“ u.a.), so war die Sachlage bei Kubin ähnlich. Der
Vater, ein Vermessungstechniker, sah erst 2 Jahre nach der Geburt sein eigen Fleisch und Blut.
Sehr gelitten hat der junge Künstler auch unter dem qualvollen und frühen Tod der Mutter, einer
begabten Pianistin. Hievon leitet sich die Egozentrik des Graphikers als tiefenpsychologische
Reaktion ab und als Schutzschild gegen die Anfeindung des Lebens nach dem Modus: Solches
Elend steht einem kreativem Geist überhaupt nicht zu. „Allein die Kunst beweist das täglich
und die Vorsehung hat mich zu tragen!“

 Otto Weininger
 österreichischer Philosoph
 1880-1903
 Alfred Kubin
 Selbstbetrachtung
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