Miscellanea - VOX POPULI, VOX DEI - Eine Erzählung aus der alten Eisenstadt / 2 von Emmo Diem Dem geistlichen Dienstherren wiederum gefiel auch etwas nicht. Nämlich, dass der junge Musiker in der Kirche die Leute mit Bach belästigt hat. Mit jenem Johann Sebastian: "Einem Protestanten also, der in einer katholischen Kirche nichts zu suchen hätte". Das war demnach die Meinung der Fundamentalisten. Kurz, man traf sich eines Tages zu einem Gespräch unter Christen, schüttelte die Hände und versicherte sich der gegenseitigen Hochachtung. Aber kehren wir ein letztes Mal zu dem Verwalter und diplomierten Kirchenmusiker zurück. Der hatte eine Schwester, die im Auftrag der Staatlichen Akademie für Musik und darstellende Kunst später nach Kabul als Professorin beordert worden war. Nun spielten die Geschwister anlässlich einer Dichterlesung (Dora Dunkl) alte Meister in der Schlosskapelle. Diese Dichterlesung stand unter dem Motto: Carpe Diem. Da hieß es sofort: "Das kann nur eine aus der Diem-Dynastie sein". Und recht hatten sie. Denn schließlich konnte das Herr Jedermann deutlich vom Plakat ablesen. Das hat den unterdessen ausgedienten Verwalter derart amüsiert, dass er gerne nach Linz ging, wo ihn der Direktor der Musikschule (Prof. Peer) mit offenen Armen aufnahm. Aber das tägliche Fahren von Steyr nach Linz war auch nicht sehr lustig. Und so kehrte er eines Tages wieder nach Steyr zurück, arbeitete an diversen Schulen und Fachinstituten, stieg nach einigen Jahren zum Direktor der ortsansässigen Landesmusikschule auf, wurde zum Professor gekürt, spielte viele Konzerte, machte Rundfunkaufnahmen und anderes. Und wenn er nicht gestorben ist, so lebt der alte Haudegen noch heute im Kreis von Hunderten von Schülern, von denen viele wieder Musiker, Ärzte, Hochschullehrer und zu Trägern österreichischer Kultur wurden. Einer von denen schaffte es bis zum Studienleiter der Wiener Staatsoper. P.S. Das CARPE DIEM hat leider mit den alten Diems überhaupt nichts zu tun. Hier handelt es sich um die Aufforderung: "Nütze den Tag". |