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Miscellanea


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VON RUSSISCHER SEELE /2
Ein Intermezzo

Von Emmo Diem

Ähnliches soll auch in Kulturbesprechungen mancher Zeitungen vorkommen. Da gibt es Rezensenten, die von der Knalligkeit der Überschrift ihrer Erzeugnisse so gefangen sind, dass sie eine ganze Veranstaltung unter ihr Leitmotiv zwingen und damit Wesentliches an den Rand drängen.

Ich erinnere da an die Resortleitung einer Zeitung, deren Vorstand sogar von Künstlern handgreiflich bedroht wurde, weil er seine Ergüsse rund um Schlagzeilen platzierte.

Überhaupt sind alle jene Kulturberichterstatter und Ausfrager (gemeint Interviewer) als besonders gefährlich einzustufen, die ihre Artikel nicht von der musikalisch-musikantischen Ebene einbringen.

Das wendet sich grundsätzlich nicht gegen den Autor von: „In die Tiefen der russischen Seele abgetaucht“, und nicht gegen den Dirigenten der Sonntagsmatinee vom 6. November 2011, der schlagtechnisch und musikantisch eine der überzeugendsten Leistungen seiner beachtenswerten Karriere zum Besten gab. Dazu trug auch das Orchester bei.

Das schließt allerdings nicht aus, dass der gleiche Chef wieder seinen Amerikaner für die Eröffnung der neuen Oper herbeiholt, und damit das österreichische Musikgeschehen unberücksichtigt lässt. Aber man soll jedem Menschen seinen Willen lassen. Auch wenn das kaum von besonderer Dankbarkeit gegenüber dem österreichischen Staat zeugt.

Wenn Strawinsky bei den Leuten nicht so ankommt, wie es viele gewünscht hätten, so liegt das daran, dass ein vorwiegend älteres Publikum, das zu solchen Matineen strömt lieber „schöne Stimmen, schöne Weisen“ hören möchte und der Anschluss an die Zeitgenossen schon vor vielen Jahren zu wenig gepflegt wurde.

Nun ein kleiner Ausflug zu Alexander Glasunow. Wie fast alle Russen seiner Generation war er ein Schüler von Rimski-Korsakow und in Peterburg geboren. Seit 1899 unterrichtete er am Konservatorium dieser Stadt und wurde 1905 Direktor des gleichen Institutes. Er entstammte keineswegs dem einfachen Volk, das nur die Folklore pflegte. Schon der Urgroßvater Iwan besaß einen Verlag und eine Druckerei, die der Familie und den Nachfolgern viel Geld einbrachte. Vom „Mächtigen Häuflein“, das den national-russischen Charakter und die Volksmusik in den Mittelpunkt des Interesses stellte, hielt sich Glasunow, ähnlich wie Tschaikowsky, fern. Oft hat man ihn den russischen Brahms genannt. Gewidmet wurde das Werk dem Violinvirtuosen und Pädagogen Leopold Auer, der 1905 das Konzert zur Uraufführung brachte.

Dass Ilya Gringolts ein Geiger ist, der alles für die Kunst gibt, wird kein Mensch bezweifeln. Man hätte in dieser Hinsicht auch das begleitende Orchester mehr herausstreichen können. Denn die Reaktionen dieser Gruppe waren entschieden mehr als ordentlich.

Auch Modest Mussorgsky unter dessen Vorfahren sich russische Fürsten befanden, kann man kaum mit der Romantikfloskel „von der russischen Seele“ beglücken. Fachleute finden bei ihm eher Quellen des Impressionismus samt „Partikeln“ des Expressionismus und des Realismus. Ob die Fassung von Ravel die interessanteste ist, darüber kann man streiten. Auf jeden Fall wird sie am Meisten gespielt.

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