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Pardon, bloß eine Kulturmeile /3

Linz: Europäische Kulturhauptstadt 2009
Eine Realisation von Emmo Diem

 
Aber wieder zurück zu den Versen von Uhland ,seiner literarischen Vorgabe, und zum Umfeld meiner Kulturmeile.

Hier geht es zunächst um das Messen und um alte „Stäbe“, die schon einige Verwirrung anrichten können. Eine Landmeile hat in den USA 1.609,3 m, die Seemeile 1.852 m, die alte Landmeile in Hamburg 7532,5 m. Schon
daraus ergibt sich die Fragwürdigkeit einer Norm des Messens über Jahrhunderte. Eng mit dem
Messen ist das Bemessen verbunden. Und damit wird die Kultur, die sich vorerst mit dem
Messen von Längen befasst hat, in das Metier der Finanzen geschleudert, einem Fatum
(lat. = unabänderliche Weltordnung), das leicht in Melancholie (griechischer Ursprung: melas =
schwarz und chola = die Galle) ausarten kann. Natürlich denke ich da nicht an eine Partei,
sondern konzentriere mich mehr auf jene Galle, die einem zeitweise hochkommen könnte.

Fasst man nämlich das kulturelle Ergebnis samt den damit verbundenen Nachwehen zusammen –
auch wenn diese Unternehmungen angeblich ein Plus von 1 Million Euro gebracht haben – und
liest dann vom Zuhören und Aufhören (siehe Peter Androsch) – und der „Linzer Charta“, einer
wohlwollenden Verfassung des Hörens, so wird man erst recht traurig und fragt weiter: Warum
will man den jüdisch-österreichischen Komponisten und ehemaligen Direktor der Berliner
Musikhochschule „F. Schreker“ in Linz ein Denkmal errichten?

Gibt es neben dem geschätzten Franz Schreker nicht Musiker, die Oberösterreich näher standen?
Ich denke da an Kienzl und Johann Nepomuk David, den man an die Stuttgarter Musikhochschule
abwandern ließ. Das sind allerdings nur kleine österreichische Querelen, die für den Staat kaum
von Bedeutung sind. Anders geartet ist die Sorge wegen des zu groß und abschließend auch zu
teuer gewordenen neuen Opernhauses. Ob sich hier der Normalverdiener, bei der Budgetlage und
den sicher höherliegenden Eintrittspreisen, ein Billett noch leisten wird? Kopfzerbrechen hat mir
auch das Dornröschen-Ballett gemacht. Hier haben sich im Laufe der Jahre gegenüber der
Handlung der Uraufführung viele Abweichungen ergeben, wobei der märchenhafte Charakter sich
progressiv verflüchtigt hat. Demnächst wird man die Akteure überhaupt nur mehr in Jeans und
nackt auftreten lassen. Möglicherweise wird dann die ganze Handlung in ein Freudenhaus verlegt.
Das wäre ohne Weiteres möglich, denn schon 1996 kamen die Hamburger auf die Idee die Tänzer
in ein Drogenmilieu zu versetzen. Gott sei Dank ist die Musik wenigstens noch die alte gebliebene
und jeder kann wahrnehmen, dass es sich um ein Werk Tschaikowskys handelt. Hat man aber
einmal die Gelegenheit, bei Anton Tschechows „Drei Schwestern“, ein von der Inszenierung
(Bernarda Horres) und den Schauspielern überzeugend gestaltetes Stück zu genießen, dann meint
eine Kulturreporterin gleich einen „Nagl“ im Menü zu finden und reagiert so: „Party feiern, Abtanzen
und Koma saufen“.

Dabei war diese Inszenierung eine der beachtenswertesten Darstellungen der abgelaufenen Saison.
Alt und jung waren damit einverstanden. Ergiebig war der Applaus, dem ungewöhnlich viele
Verbeugungen folgten.

 Johann Nepomuk David
 1895-1977 OÖ.Komponist
 Anton Tschechow
 1860-1904
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