MISCELLANEA
AUS MEINEM LEBEN und DEM ETHOS DER UMWELT /24
Reflexionen von Emmo Diem
Dazu eine Episode aus dem Jahre 1960.
Damals warnte mich der aus Steyr stammende Musikwissenschaftler Dr. Franz Kosch (Vorstand der Abteilung für Kirchenmusik an der Musikakademie Wien): "Seien sie nicht so unvernünftig und wechseln sie nicht im letzten Studienabschnitt die Lehrkraft.
Heiler könnte das als Beeinträchtigung seiner Qualität auffassen."
Das tat er dann auch und ließ mich das ganze Prüfungsprogramm abspielen, während er bei den anderen Schülern die Prüfungsstücke nur anstechen ließ.
Das hat mich so empört, dass ich mich zur Improvisation krachend auf die Orgelbank warf.
Als ich dann nach einem freien Mittelteil mit einer Fuge schloss und ein Urteil gar nicht mehr abwartete, trat die große Stille ein, die nicht einmal der Präsident der Akademie, als Vorsitzender zu unterbrechen wagte, wie mir später berichtet wurde.
Dann sprach Heiler: "Na - und schloss daran: ausgezeichnet."
Da hoben alle Prüfungskommissäre die Hand, was andeuten sollte: Wir sind mit der Beurteilung einverstanden.
Vor dieser Verständigung passierte noch etwas Anderes, das ich in dem Zusammenhang nicht verschweigen möchte.
Eine Toccata von Stögbauer schien Prof. Heiler unter seinem Niveau zu liegen, obwohl er das Opus weder kannte noch sich jemals damit befasst hatte.
"Warum eigentlich ein Stögbauer", meinte er.
Nun - ich war durch die Vorwarnung von Dr. Kosch gewitzigt genug, um vordem noch eine
Nerventablette zu schlucken.
So antwortete ich etwas frech: "Stögbauer war einer meiner Lehrer, von dem ich viel gelernt
habe ."
Daraufhin herrschte eisiges Schweigen, und irgendwer deutete mir, ich solle diese Nummer
abspielen. Das tat ich nun und hatte mein VORZÜGLICH in der Tasche.
Vielleicht das nächste Intermezzo in einem ähnlichen Reigen, der heutzutage kaum mehr
möglich wäre.
Diese Geschichte erzählt von Dr. Hans Gillesberger, der von 1947 - 1980 als Professor an
den Abteilungen für Schul- und Kirchenmusik der Akademie in Wien tätig war.
Dr. Hans Gillesberger
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